Mit sich selbst allein-sein ist nichts für Anfänger! Diese Erfahrung mache ich jedes Mal wieder, wenn ich es über längere Zeit, mit mir selbst zu tun bekomme. So auch jetzt und dieses Mal an Tag 4, der Alleinsein-Zeit. (Ausnahmsweise fällt der Wildsche Hund in dieser Erfahrung nicht ins Gewicht…)
Ich freue mich immer sehr auf Zeit mit mir selbst. Am liebsten sehr regelmäßig, ganz gleich, ob für eine Nacht, ein Wochenende oder (wie jetzt) eine längere Zeit und gerne auch als diejenige, die „unterwegs“ ist. Allein-mit-mir-sein ist wie ein „mich-selbst-Besuch“. Ich nehme mir Zeit, um nach mir zu schauen und mir zuzuhören. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nicht wirklich aufrichtig nach mir sehe, wenn ich nur in schnellen Stippvisiten und Kurzbesuchen mit mir selbst in Kontakt komme. Auf diese Art geht nicht viel. Es ist eher das Notprogramm für den voll-funktionsfähigen Alltag, um zu prüfen, ob ich überhaupt noch mit an Bord und mit dem Nötigsten versorgt bin.Die echten Selbst-Besuche bahnen sich im länger Allein-sein mit Zeit und Ruhe an. Sie sind wie ein zu mir selbst schlendern, mich zu mir setzen und zuhören. Mich-Besuche haben etwas zartes und leises an sich. Manchmal entwickelt sich das Selbst-Gespräch zögerlich, vorsichtig. Ehrlich interessierte Besuche brauchen Zeit. Sie mögen keine Eile und keinen Druck.
Und während wir da so gemeinsam sitzen (ICH mit mir ) und wir vorzugsweise aufs Meer oder den Weiher schauen, lausche ich mir selbst. Schon immer begegne ich bei meinen echten Selbst-Besuchen auch dem Zweifelnden und Unzufriedenen in mir. Dann fühle ich mich oft ganz kribbelig-unruhig und weiß nicht wohin mit mir. Puh, am liebsten würde ich dann aufhören mir zuzuhören, und dass sitzen bleiben und weiter zuhören fällt schwer. Dann werden diese Selbst-Besuche eine echt ungemütliche und unattraktive Angelegenheit. Die Verlockung den Besuch mit Beschäftigungen im Außen und mit anderen Menschen zu beenden ist groß. Muss ja auch echt nicht sein, oder? Wer tut sich denn sowas an? Da hätte die oberflächliche Allein-Zeit so schön sein können… Bisschen Zeit für mich, viel unterwegs sein, wenig mit sich allein-sein. Tun was ich will und vor allen mich gut fühlen – ohne unbequeme Tiefgang-Selbst-Besuche. Ja, ich glaube schon, dass man diese Selbstbesuche, die sich im Allein-mit-sich-selbst anbahnen würden, gut und gekonnt umgehen kann: Viele Termine, viele Unternehmungen, mit vielen Menschen zusammen sein und erst müde zur Ruhe kommen. Und viele von uns füllen ihre freie- und/oder Allein-Sein-Zeit genau so. Was sie dadurch verpassen, ist dass sich selbst zuhören (müssen/dürfen/können). Dem Schönem, auf dass sie vielleicht stolz wären. Dem Verrücktem in ihnen, dass sie zum Schmunzeln bringen könnte und eben dem echt ungemütlich-doofen, dass ihnen wahrscheinlich nicht behagt.
Heute gehört für mich zum Allein-Sein auch die bei-mir-sitzen-Zeit. Und ich plane ganz bewußt viel Zeit „ohne alles“ ein, um die echte Katlll-Begegnung zu ermöglichen. Dann lasse ich das „Wasser der Beschäftigung“ langsam ab und das was ganz tief in mir ist, taucht auf und wird sichtbar. Jahrelange Gesprächserfahrung mit mir selbst lässt mich feststellen: Für Selbstbesuche braucht man (auch) Mut! Mitunter ist es nämlich nicht nur schön, wenn man sich selbst im Allein-sein lauscht. Da ist vieles auch echt un-passend, un-frei und un-gelöst. Zuzuhören, Da-Sein zu lassen und nicht die Keule der Anpassung zu schwingen, ist Liebe mit sich selbst pur! Und genau deshalb mag ich die Herausforderung meiner Katlll-Besuche. Sie nötigt mich mutig und gnädig-liebevoll mit mir selbst zu sein.
Heute mit Tag 4 Allein-sein spüre ich Stolz in mir, schmunzle ich über mich und fühle ich mich kribbelig-lost… und ich bleibe bei mir sitzen, schau immer mal wieder mit mir auf den Weiher (Meer geht grad nicht) und sag mir selbst: Katlll, ist schon okay!
© Katjenka Wild