Glück ist angesagt, Glücklichsein der Weg und das Ziel. Glück ist das neue Reichsein. Zu unserem Glück, müssen wir unser persönliches Glück nicht einmal mehr selbst finden und leben. Der Markt ist übervoll mit Menschen, die uns das Glücklichsein vormachen und beibringen wollen. Was für ein Glück.

Schon immer tue ich mir schwer mit dem GLÜCK als Sinnerfüllung, erstrebenswerten Zustand und wichtiges Lebensziel. Wir sind regelrecht fixiert auf das Glück und das Glücklichsein. Nur wenn wir glücklich sind, ist das Leben gut. Ich finde Glücklichsein auch schön, toll, bequem, angenehm und bestätigend. Doch stört mich die (fast) Alleinherrschaft des Glücks als gewünschten Zustand in unserem Leben. Es scheint, als dürfe es nichts anderes mehr in uns geben.

Und sollten wir doch einmal in einen nicht glücklichen Zustand geraten, „nicht glückliche“ und „nicht angenehme“ Emotionen in uns haben, gilt es diese weg zu machen und zu korrigieren, in dem wir möglichst schnell viel von dem Tun, was uns wieder in den „Glücklichsein-Zustand“ befördert. Auch das ist nicht schwer, denn Listen, Ideen, Anleitungen und Übungen fürs Glück sind massenhaft verfügbar. Niemand von uns muss lange in seinem „nicht glücklichen“ Zustand verharren.

Wie schade… Denn wir verlernen dadurch, auch „anderen“ Gefühlen in uns Raum zu geben. Damit sind wir bei den „negativen“ Gefühlen, die keiner haben will, angekommen. Ein beliebtes und viel beschriebenes Thema. Die Botschaft ist dabei meist: Belastende und unpassende Gedanken, Gefühle und Empfindungen sollen möglichst klein und kurz gehalten werden. Wir bewerten in den Kategorien „erwünscht“ und „unerwünscht“. Wie mutig wäre es, wenn wir uns erlauben würden, dass ALLES in uns, sein darf. Nicht weg-machen, sondern akzeptierend da-sein-lassen (Das mit der Akzeptanz ist auch so eine viel-empfohlene Sache. Dazu an anderer Stelle mehr.). Wir müssen nicht immer glücklich sein. Es darf Zeiten in uns geben, die anstregend-doof sind. Es ist okay, mal nicht auf dem Weg zum Glücklichsein, zu sein. Das nicht-Glücklichsein ist kein vertaner Zustand. Stattdessen ist er voller Echtheit und lebens-wert. Eine unfreiwillige Einladung, den Weg der persönlichen Selbstakzeptanz und der Veränderung weiterzugehen. Glück ist schön, aber ganz sicher nicht der (ausschließliche) Sinn unseres Lebens.

Ich wünsche uns den Mut, nicht nur glücklich sein, zu wollen. Alles darf sein.

© Katjenka Wild