In den letzten Monaten habe ich eine ziemlich sensationelle Veränderung an mir beobachtet: I CHOOSE MY FIGHTS! Die erste Frage, die ich mir daraufhin gestellt habe, war: Woher kommt denn nun auf einmal diese überlegte Weisheit in mir? Aufgrund mangelnder Erklärungsalternativen gehe ich nun davon aus, dass es sich dabei um die viel zitierte Altersweisheit handeln muss. Hei, yiippiieehhyaahh, ENDLICH ist sie nun auch bei mir angelangt! Und da ich erst(!) 50 bin, gehe ich davon aus, dass dies erst der zarte Anfang der Wildschen Altersweisheit ist! Hallo Weisheit, bei mir bist du richtig! Ich bin zu allem bereit! Schon immer hat es mich ein wenig ehrfürchtig werden lassen, wenn reife (schöneres Wort als „alte“) Menschen davon berichtet haben, wie viel gelassener, ruhiger und über den Dingen stehender, sie mit dem Alter geworden sind. Nun gehöre ich also auch zu dieser beneidenswerten Personengruppe!
Ich würde nicht von mir behaupten, dass ich in meinen (bisherigen) 50 Jahren Leben besonders hitzig und streitsuchend unterwegs war. Aber mit wachsender Leidenschaft und steigendem innerem Druck habe ich die letzten Jahrzehnte viele Fight-Einladungen, die mir gemacht wurden, ohne langes Zögern angenommen. Fast war es eine innere Selbstverpflichtung, ausgesprochene und/oder unausgesprochene Kampfangebote nicht auszuschlagen. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich jede dieser Einladungen als eine Art Prüfung erlebt habe, in der es gar nicht um das Gewinnen an sich ging, sondern vor allem darum mir selbst zu beweisen, dass ich bereit bin, für mich und dass wofür ich stehe einzutreten. Für mich sorgen und einstehen ist (relativ) leicht, solange nichts davon, von irgendwem oder durch irgendwas in Frage gestellt wird. Wirklich spannend wird es doch erst, wenn Menschen und Situationen auftauchen, die mich und das wofür ich stehe, nicht achten. Dann zeigt sich, wie sehr ich wirklich bereit bin, mir selbst zur Seite zu stehen. Fight-Angebote gibt es viele und in unzähligen Varianten: Manchmal stehen sie uns ganz offensiv und direkt gegenüber. Sie sind deutlich ausgesprochen und vielleicht provozieren und verletzen sie uns sogar. Andere Kampf-Angebote bieten sich eher angedeutet, verdeckt, aber spürbar an. Sie kitzeln und locken uns immer wieder, die Einladung zum verdeckten oder offenen Gerangel doch endlich anzunehmen.
Die einsetzende Altersweisheit hat meine Fight-Haltung grundlegend verändert: Seit geraumer Zeit kommen mir in kampflustigen Situationen diese zwei Fragen in den Sinn: Will ich? Muss ich? Lautet die Antwort auf beide Fragen NEIN, dann kann ich das gemachte Angebot, gut alleine auf der Kampfwiese zurücklassen. Ohne mich gibt es auf der Kampfwiese keinen Fight – zumindest nicht mit mir. Nur ich entscheide, ob die Notwendigkeit für einer deutlichen Positionierung gegeben ist. Und ebenso liegt es ganz allein bei mir, ob mich jemand oder etwas überhaupt so sehr in Frage stellen kann, dass ich einen Kampf für angebracht halte. Die Altersweisheits-Fähigkeit des choose-my-fights ist es nicht jedes Kampfangebot unbedingt auszuschlagen, sondern nach dem WILL und MUSS für mich eine Entscheidung zu treffen. Was verändert diese Haltung in mir? Ich habe deutlich weniger (innere und äußere) Kampfschauplätze zu beaufsichtigen. Ich habe mehr innere(n) Zeit und Raum, das Schöne was ich mit mir tue zu genießen (anstatt mich kampfbereit halten zu müssen). Mein Leben ist nicht Kampf! Die geführten Fights führe ich ruhiger, überlegter und fokussierter, mit der passenden Dosierung des Wildschen Gegenwinds. Diese wildsche „über den Dingen stehen“-Sache fühlt sich nach Aufatmen an und auch ein bisschen weise. Ich möchte nicht gar keinen Kampf führen. Ich finde es wichtig, mich für mich selbst stark zu machen, aber ich möchte nicht mehr jeden Kampf fighten. Nur noch die, die ich für Sinn-voll halte. Und dann bin ich da: Mit meiner ganzen Haltung!
Bis hierher gefällt mir die Idee meiner Altersweisheit ziemlich gut und bin gespannt auf das, was noch kommt. Fight for your rights – wenn du WILLST und MUSST!
© Katjenka Wild